
Alte Baumveteranen:
Von Linden begleitet
Linden gehören seit Jahrhunderten zu den beliebtesten Bäumen in Europa. Europa ohne die Symbolkraft der Linde? Unvorstellbar. Zahlreiche Dichtungen, Lieder, Sagen und Legenden drehen sich um die Linde. Sie steht für die Liebe, für Frieden und für Freude. Jedoch wurde ein Lindenblatt dem unverwundbaren Siegfried zum Verhängnis – so erzählt es die Nibelungensage. Wir alle kennen Lindenblüten, Lindenhonig und Schnitzkunst aus Lindenholz. Die Linde begegnet und begleitet uns durch unser ganzes Leben hindurch – materiell und spirituell.
Linden stehen im Mittelpunkt
Seit jeher pflanzte man einzelne Lindenbäume als zentralen Punkt für Zusammenkünfte aller Art. Beispiele hierfür sind die traditionellen Tanzlinden auf dem Marktplatz. Aber nicht nur musiziert, getanzt und gefeiert wurde unter den Linden, auch Gericht wurde hier abgehalten. So finden sich auch Gerichtslinden und Friedhofslinden.
Uralte Gerichtslinde in Kalkar
Der Stadt war 1545 eine kleine Sommer-Linde geschenkt und auf dem Marktplatz eingepflanzt worden. Sie steht bis heute, hat schwere Unwetter und sogar knapp den 2. Weltkrieg überlebt.
Das Stadtarchiv kann belegen, dass unter der Linde die Richter von Kalkar Strafen aller Art verhängten. Angefangen von Geldbußen, ging es an den Pranger oder in den Kerker. Auch Todesurteile sprach man unter ihrer Krone aus. Damals wurde noch enthauptet und gehängt, sogar gerädert. Ab dem 17. Jahrhundert verwandelte man die Gerichtslinde schließlich in eine schön geleitete Linde. Der Dichter Joseph von Lauf nannte sie später eine „burgundische Prinzessin“.
1000 Jahre im Zentrum von Schluttenbach
Experten schätzen diese uralte Linde tatsächlich auf rund 1000 Jahre. Vermutlich stand sie schon hier, an dieser Quelle im Waldtal, bevor die ersten Siedler um 937 den Platz entdeckten. Sie rodeten rund um die Quelle und bauten das heutige Dorf Schluttenbach auf. Seitdem ziert diese Linde den Dorfplatz, aber erst 1867 wird sie aktenkundig. Ein starker Sturm riss den Wipfel ab und schleuderte ihn in die umliegenden Hausdächer. Der Baum konnte trotz seiner starken Schäden gerettet werden. Später leiteten Eisenbänder die Äste, um eine neue Krone zu entwickeln. Weitere, durchaus komplizierte Reparaturmaßnahmen wurden im Laufe der Zeit getätigt. Schließlich erkannte man, dass auch diese teilweise zu Schäden führten. Daher wird die Baumpflege sorgfältig nach neuesten Erkenntnissen ausgeführt. Seit 1958 ist die betagte Linde unter der Beobachtung des Baumchirurgen Alexander Volgger, der sie bis heute regelmäßig besucht.
Barbarossa-Linde
900 oder vielleicht auch 600 Jahre alt wurde diese ehrwürdige Winter-Linde am Kloster Lorch in Württemberg. Das Benediktinerkloster wurde 1102 von den Staufern gegründet und sollte dem Geschlecht als letzte Ruhestätte dienen. Kaiser Friedrich I. Barbarossa residierte zeitweise auf der nahegelegenen Burg Hohenstaufen, dem Stammsitz der Staufer. Die Linde am Kloster Lorch wurde nach dem Kaiser benannt. Sie galt als Wahrzeichen und „letzter lebender Zeuge der Stauferzeit“. Ihr Stammumfang betrug ca. acht Meter, ihre Höhe ca. 20 Meter. Am 16. Januar 1955 fiel sie einem Sturm zum Opfer. An diesem Platz findet sich heute eine Gedenktafel mit einer Widmung von Eduard Mörike. Für Tourenbegeisterte interessant: Am Kloster Lorch führen der Mörikeweg, der Limesweg und der Limes-Radweg vorbei.
Die Autorin: Martina Häge