
Die Fichte in der Mythologie
Vom Mutterbaum zum Brotbaum. Bereits in der Mythologie der alten Germanen nahm die Fichte eine wichtige Rolle ein. Heute kennen wir den immergrünen Baum hauptsächlich aus dem Wald, wo er für die Forstwirtschaft und Waldbesitzer noch immer von zentraler Bedeutung ist. In Märchen ist der Fichtenwald der Ort des Unheimlichen und Gruseligen.
Die Fichte bei den Germanen und Griechen
Die Germanen verehrten die Fichte als Schutzbaum, Lebensbaum und Mutterbaum. Durch ihren geraden, geordneten Wuchs soll sie Klarheit bringen und den Lebensweg weisen. Mit ihrer pyramidenförmigen Wuchsform wächst sie in den Himmel und bündelt die Lebensenergie für alle, die den Kraftbaum gerade benötigen.
Bei den Griechen war die Fichte dem Meeresgott Poseidon geweiht. Grund dafür scheint die Tradition zu sein, Fichtenholz zum Bau von Schiffen zu verwenden.
Die Fichte bei den Römern
Die Fichte wächst schnell und galt daher bei den Römern als Hoffnungs-Symbol. Gerade bei Trauer und Tod wanden sich die Menschen an die Fichte. Die Trauernden schmückten ihre Türen mit den Zweigen der Fichte. Bei der Bestattung lagen die Toten auf Fichtenzweigen. Auch heute noch ist die Fichte oft auf Friedhöfen zu sehen. Sie ist ein bevorzugter Friedhofsbaum und ihre Zweige dienen im Winter als Grab-Bedeckung.
Die Fichte in Kindermärchen
Fichtenwälder haben auf uns eine düstere Ausstrahlung. Im Vergleich zu hellen Buchen- und Mischwäldern, lassen die engstehenden Kronen der Fichte kaum Licht auf den Waldboden durchscheinen. Der perfekte Stoff für gruselige Szenarien. Viele deutsche Kindermärchen spielen sich deshalb im Fichtenwald ab. Er ist das Symbol für Verwirrung und Alleinsein. Er beherbergt Wölfe, Hexen oder böse Riesen. In der Gaunersprache gibt es die Redewendung: „Einen in die Fichten führen“. Sie bedeutet so viel wie „jemanden täuschen“. Diebe waren in diesem Zusammenhang auch als „Fichtegänger“ bekannt und die Bestohlenen als „Fichtner“.
Märchen, die im Fichtenwald spielen
- Hänsel und Gretel: Das Lebkuchenhaus der Hexe steht im Fichtendickicht
- Rotkäppchen: Rotkäppchen begegnet dem bösen Wolf in einem Fichtenwald
- Das tapfere Schneiderlein: Die schnarchenden Riesen liegen unter dunklen Fichtenstämmen
Fichte im Stadtwappen
Zahlreiche Städte tragen auf ihrem Wappen eine oder mehrere Fichten. Mit und ohne Wurzelwerk, klein und gestaucht oder groß und schlank. Es ist alles dabei. Auf jedem Wappen hat die Fichte eine andere Bedeutung. Oft beschreibt das Wappen den Namen der Stadt. Die Stadt Fichtenwalde beispielsweise besitzt ein Wappen mit einer Fichte. Hier scheint auch die Herkunft des Namens der Stadt klar. Die Stadt ist von einem großen Wald umgeben, welcher bereits zu Gründungszeiten vorhanden war. Auch die Gemeinde Weira hat eine Fichte im Wappen. Zum 25. Jubiläum der Großherzogin Maria Paulowna pflanzten die Bürger die „Fürstenfichte“.
Die Fichte im Kult der Hopi-Indianer
Im Südwesten der USA leben die Hopi-Indianer. Eine Legende besagt, dass während eines Streits des Dachs-Klans die Natur das ganze Land verdorren ließ. Sie forderte vier Jahre Sühne von den Menschen. Nach dieser Zeit versammelte sich der Klan an derselben Stelle und fand als Zeichen des göttlichen Einverständnisses eine Fichte vor. Seitdem ist das Land wieder fruchtbar und die Fichte gilt als heiliger Baum der Götter.
Die Fichte auf dem Dach
Traditionell verwenden wir für das Richtfest die Fichte. Sie wird auf dem fertigen Dachstuhl aufgestellt und stellt nun die Verbindung zwischen Haus und Himmel dar. Der Baum symbolisiert die Weltenachse (axis mundi) und ruft Glück und Segen auf das Haus uns seine neuen Bewohner. Viele Maibäume sind aus einem Fichtenstamm gemacht. Dies ist neben ihrem geraden Wuchs auch ihrem Stellenwert in der Gesellschaft gewidmet.
Die Autorin: Marina Winkler
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Quellen:
- Doris Laudert: Mythos Baum, Verlag blv, 2004, erhältlich bei Freeworker
- Uni Göttingen: Mythen und Brauchtum