
Unterscheidung Hecke – Obstspalier
Ein Nachbar von mir hat drei Apfelbäume als Obstspalier gepflanzt. Gelten diese Bäume zwischen Hauswand und Zaun schon als Hecke? Dies hätte Einfluss auf den Grenzabstand, welchen die Bäume zum Zaun einhalten müssen.
Die Antwort:
Es kommt drauf an, was man draus macht
Ich kenne mich in rechtlichen Angelegenheiten nicht so gut aus. Meine Erfahrung lässt mich aber vermuten, dass es für diesen Fall keine gesetzliche Klarheit gibt. Es kommt wahrscheinlich genau darauf an, wie der Besitzer die Spalierbäume nutzen wird. Prinzipiell sind Obstbäume erst mal nichts anderes als Gehölze. Der Begriff „Hecke“, „Spalier“ oder „Obstbaum“ kennzeichnet lediglich die Erziehungs- und Nutzungsform. Genau daraufhin würde ich die betreffenden Gehölze einstufen.
Unterscheidung Hecke und Obstspalier
Es gibt zwei Möglichkeiten zu bewerten, ob eine Hecke oder ein Obstspalier vorliegt. Das sind zum einen der Schnitt und zum anderen die Nutzung. Sind die Bäume erst mal ein paar Jahre alt, erkennt ein Baum-Gutachter, ob Gehölze als Hecke geschnitten werden. Der Schnitt wird in solchen Fällen hauptsächlich an der Peripherie der Gehölze ausgeführt. Störende Äste werden zurückgesetzt, damit sie nicht im Weg hängen. Der Schnitt einer Hecke zielt darauf ab, die Grenze zum Nachbarn zu markieren, oft auch verbunden mit Sichtschutz. Der Heckenschnitt ist sehr einfach auszuführen. Auch der Laie traut sich heran, weil ein Gehölz selbst bei Fehlern im Schnitt nicht kaputt geht. Das Gehölz wird schließlich wieder grün. Es ist nicht viel Fachkenntnis notwendig.
Wird hingegen auf Obstertrag Wert gelegt (in welcher Form auch immer), dann braucht es hinsichtlich Schnitt schon mehr Fachkenntnis. Der Schnitt ist aufwändiger. Er zielt darauf ab, die Blütenbildung zu fördern und die Fruchtentwicklung zu begünstigen. Für eine Fachperson oder einen Baumgutachter ist dieser Unterschied leicht zu erkennen. Werden die Früchte verwertet und faulen nicht unter dem Baum, so ist dies ein Indiz dafür, dass die Bäume als Obstbäume genutzt werden. In Ihrem Falle sind die Bäume noch zu klein und zu jung. Da ist erst mal nicht viel mit Ertrag. Das macht eine Bewertung in diesem Punkt schwierig.
Vorsichtige Einschätzung
Dass die Bäumchen als Obstbäumchen gesetzt wurden und damit nicht als Hecke einzustufen sind, darauf können einige Indizien hindeuten:
- Pfähle und Drähte an den Bäumchen weisen auf die Nutzung als spätere Spalierbäume hin.
- Hecken werden meist eng aneinander gepflanzt, um eine entsprechende Dichte zwischen den Zweigen zu erreichen. Für viel Ertrag sorgt bei Obstbäumen ein großer Pflanzabstand zwischen den einzelnen Individuen.
- Hecken werden eher direkt entlang der gesamten Grundstücksgrenze gesetzt.
- Obstsorten sind sehr untypische Gehölzarten für Hecken.
- Um das Wachstum der Bäumchen einzuschätzen, fragen Sie in der Baumschule nach dem Wurzeltyp, welcher sich beim Veredeln aus der Unterlage der Bäumchen ergibt. Schwachwachsende Unterlagen sind leicht klein zu halten.
- Prüfen Sie, ob es sich um verschiedene oder gleiche Sorten handelt. Verschiedene Sorten sprechen bei Apfelbäumen eher dafür, dass die Bäumchen als Obstbäume genutzt werden. Gleiche Sorten befruchten sich eher schlecht bis gar nicht. Folge: Kein Ertrag, sofern nicht in der Nachbarschaft geeignete Befruchtungssorten vorhanden sind.
Fazit
Es liegt an den jeweiligen Parteien und Anwaltsvertretern, darzulegen, welcher Fall eher zutrifft. Schneidet der Besitzer die Bäumchen in Heckenform und nutzt zusätzlich die Früchte, so handelt es sich jedoch um einen Grenzfall. Die Bäume sind so jung, dass die Nutzungsform noch entschieden werden kann. Wie sagt man so schön: Es kommt drauf an, was man draus macht.
Der Autor: Johannes Bilharz
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